Vor 95 Jahren: Selbstmord oder Mord in Gönnebek?
Ein Todesfall, noch dazu offenbar ein Mord, der findet schon immer überregionale Beachtung. Mittel der Übertragung war und ist bis heute die Zeitung. Ein kurioser Fall aus Gönnebek wurde ab dem 8. Oktober 1930 in verschiedenen Blättern verfolgt...
Das Segeberger Kreis- und Tageblatt bringt am 8. Oktober 1930 eine Meldung zur Tat aus Gönnebek: „Gehängt aufgefunden wurde hier in einem Stall ein Landstreicher, der in dem Kreis Plön gebürtig ist. Am Tage vorher hatte es zwischen ihm und einigen anderen fahrenden Gesellen Streit gegeben, wobei es auch einige Messerstiche gesetzt hatte. Da die Leiche frische Kratzwunden aufwies, ist die Vermutung nicht von der Hand zu weisen, daß etwas anderes als Selbstmord vorliegt. Die Leiche soll heute obduziert werden.“
Die Bergedorfer Zeitung meldet am 10. Oktober 1930 unter Berufung auf einen Hinweis aus Bornhöved: „In Gönnebek wurde in einem Stall ein Landstreicher aus Plön erhängt aufgefunden. Die Leiche ist von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt worden, da nicht einwandfrei feststeht, ob Selbstmord vorliegt.“
Das Hamburger Echo weiß in seiner Ausgabe vom 14. Oktober 1930 schon mehr, und stellt doch eine Frage: „Blutige Schlägerei nach einem Trinkgelage. Ein Teilnehmer von den Zechkumpanen aufgehängt? Bei einem Trinkgelage mehrerer landwirtschaftlicher Arbeiter und ‚Monarchen‘ in Gönnebek kam es zu einer blutigen Schlägerei, bei der der Arbeiter Wegner durch einen Messerstich verletzt wurde. Später fand man den Wegner erhängt im Pferdestall auf. Man nimmt an, daß er seinem Leben selbst ein Ende gemacht hat, doch ist die Möglichkeit, daß Wegner von seinen Zechkumpanen aufgehängt worden ist, nicht ausgeschlossen. Die polizeilichen Ermittlungen zur Aufklärung des Falles stehen vor dem Abschluß.“
Die Presse bleibt am Thema dran und am 16. Oktober 1930 meldet die Billstedter Zeitung: „Kiel. In Gönnebek wurde der Arbeiter Wegner, der an einem Saufgelage unter ‚Monarchen‘ teilgenommen hatte, erhängt aufgefunden. Es ergab sich die Frage, ob W. Selbstmord verübt hatte oder von den Zechkumpanen aufgehängt worden war. Die Ermittlungen der Kriminalpolizei haben ergeben, daß W. noch gelebt haben muß, als ihm die Schlinge über den Kopf fiel. Die Strangulierungsmerkmale selbst sprechen für Selbstmord. Gegen die Annahme eines Mordes deutet wiederum die Lage der Schlinge. – Der Fall ist bisher ungeklärt, zumal man die Teilnehmer an dem ‚Fest‘ nicht ermittelt hat.“
Die Bergedorfer Zeitung meldet am 25. Oktober 1930 schließlich eine Verhaftung in dem Fall. Allerdings bleibt danach die Quellenlage offen und der Name des Verhafteten verwirrt: „Bornhöved, 25. Oktober. Auf Veranlassung der Staatsanwaltschat ist der Gelegenheitsarbeiter Wegener festgenommen worden, da er verdächtig ist, an der Ermordung eines Landstreichers beteiligt zu sein, der vor drei Wochen in Gönnebek erhängt aufgefunden wurde.“
Ermordete „Wegener“ den „Wegner“? Wer die Geschichte weitererzählen oder auflösen kann, melde sich bei Christian Detlof (0170-5520584).
Bild zur Meldung: Gönnebeker Selbstmord oder Mord im Hamburger Echo am 14.10.1930