Als die Mauer fiel war Jörg Lange längst „Drüben“

09. 11. 2019

Heute vor 30 Jahren, am 9. November 1989, kam es zum Fall der Berliner Mauer – und damit zur Einleitung der historischen Schritte hin zur Vereinigung zweier deutscher Staaten am 3. Oktober 1990. Allein der Blick auf Schmalensee zeigt: Die Geschehnisse rühren uns alle an. Ob als damaliger Beobachter vor dem Fernseher, als vor Jahrzehnten „in den Westen“ Geflüchteter, als nach der „Wende“ Gekommene. Viele Geschichten könnten hier erzählt werden. Zum Beispiel die von Jörg Lange, 57, jetzt Schmalensee.

 

Von sich aus kam Jörg Lange im letzten Jahr auf mich zu und sagte, „vielleicht interessiert Dich meine Geschichte“. Und das tat sie natürlich, denn Geschichten sind „mein Ding“. Und auch ich habe persönliche Verbindungen mit dem Thema DDR und deren Ende. Also hockten wir uns zusammen, sprachen lange, mein Notizblock stand fast in Flammen, so schnell und viel galt es mitzuschreiben.

 

Mit Sicherheit gibt es ähnliche Geschichten vom Leben in der früheren DDR, über erlebte Beschränkungen und behördlich verordnete Einschränkungen bis hin zu Drangsalierungen; Fluchtschicksalen, Grenzzwischenfällen. Aber natürlich auch schöne Geschichten über Zusammengehörigkeitsgefühl und Erlebnisse, die man nicht vergessen wollte und sollte. Das Besondere für den, der die Geschichte aufzuschreiben hat, ist das persönliche Zuhören, die Möglichkeit, direkt Fragen zu stellen. Dabei dem Gesprächspartner ins Gesicht zu schauen und zu erkennen, wie er oder sie Geschehenes noch einmal vor dem inneren Auge durchlebt.

 

Jörg Lange hat von seinen „Grenzerfahrungen“ berichtet, in der Zeitung war davon zu lesen. Von einer Berufsausbildung, die er sich anders vorgestellt hat, von Nachteilen, die die Eltern erfahren mussten, vom Wehrdienst an der Grenze mit dem Schlüsselerlebnis, dass ein Kamerad den anderen hinterrücks erschoss, um in den Westen fliehen zu können, von Berufswechsel, Unfreiheit, schließlich der Flucht über die Prager Botschaft, das Ankommen in Schleswig-Holstein und den Neuanfang bis hin zur Verwirklichung des größten Traums: Der persönlichen und beruflichen Selbstständigkeit als Ausdruck individueller Freiheit.

 

Mit Jörg Langes Einverständnis fand die Geschichte den Weg in die Zeitung. Unzählige Anrufe, E-Mails und WhatsApp-Nachrichten hat er an dem Tag erhalten, sogar aus der alten Heimat, bis dahin wurden die Botschaften geteilt. Dass das Erzählte weit mehr war als 260 Zeitungszeilen, dürfte klar sein. In der Anlage zu diesem Eintrag auf der Gemeinde-Homepage von Schmalensee ist die Langversion nachzulesen. Zu verstehen auch als Beitrag des Homepage-Teams zum heutigen Jahrestag und mit der Intention, dass auch wir in Schmalensee nicht vergessen wollen und sollen, dass es eine deutsche Teilung gab, deren Überwindung das historische Ereignis schlechthin war. Nicht umsonst hat die Gemeinde am 3. Oktober 1990 am Ringreiterplatz einen Gedenkstein zur Deutschen Einheit aufgestellt.

 

Christian Detlof

 

 

 

Bild zur Meldung: Jörg lange erzählt seine Geschichte