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Mit dem Staubsauger den Seegrund gereinigt

Schmalensee, den 06. 05. 2020

Großer Bahnhof am 5. Mai an der Badestelle in Schmalensee: Zwar ist noch immer nicht geklärt, ob diese weiter im bestehenden Zustand betrieben werden kann – der Schleswig-Holsteinische Gemeindetag verhandelt mit der Landesregierung über die persönliche Haftung der Bürgermeister und Gemeindevertreter bei Unfällen, wenn diese keine Badeaufsicht an offiziellen Badestellen eingesetzt haben – fand nun eine im Vorjahr beschlossene Säuberungsaktion statt: Im Beisein von Kampfmittelräumdienst und Archäologischem Landesamt trat die Hamburger Firma Sasiba in Aktion und reinigte mit Spezialgerät in 15 Zentimeter Tiefe den Seegrund im Bereich vor der Nichtschwimmergrenze.

 

Probereinigung hatte Wirkung gezeigt

 

Eine Probereinigung hatte vor zwei Jahren auf einer nur kleinen Fläche erschreckend viel Müll, darunter Glasscherben, aber auch Munition zu Tage gefördert. Am Ende des Zweiten Weltkriegs gelangte Munition in nicht unerheblicher Menge in den Schmalensee. Zeitzeugen berichten, dass britische Soldaten die bei deutschen Truppen sichergestellte Munition – vorrangig für Handwaffen und Flugabwehrkanonen – im See versenkt hätten. Der Kampfmittelräumdienst ist regelmäßig nach Stürmen auf dem Schmalensee im Einsatz, um vom Seegrund in die Schilfgürtel getriebene Reste einzusammeln.

 

Besatzungstruppen verklappten Munition im Schmalensee

 

Während der Mitarbeiter des Archäologischen Landesamtes nur kurz die Arbeiten verfolgte, um sich ein Bild von der verwendeten Technik zu machen, blieb Alexander Matera vom Kampfmittelräumdienst Schleswig-Holstein bis zum Ende der Maßnahme vor Ort, um etwaige Fundmunition zu sichern. Matera kennt den Schmalensee. Dass hier, wie in zahlreichen Gewässern des Landes, Munition verklappt wurde, sein kein Geheimnis. „Man muss sich vorstellen, dass es in Schleswig-Holstein bis zu 40 Produktionsstätten gab, die bei Kriegsende bis unters Dach voll waren. Dazu die Unmengen, die bei den zurückflutenden deutschen Einheiten waren.“ Irgendwo musste das alles verschwinden – die Verklappung war für die Besatzer der schnellste und vermeintlich sicherste Weg.

 

Dass bei der Probereinigung Gewehrmunition im Uferbereich gefunden worden war, ist für Matera nicht verwunderlich, da sich Soldaten vor einer Gefangennahme meist versuchten, ihrer Munition zu entledigen, um keine Gefahr dazustellen und sich bessere Behandlung erhofften. Im übrigen sorgten die Stürme in Frühjahr und Herbst immer wieder für Bewegung im Gewässer – dann treten die Kampfmittelbeseitiger auf den Plan und sammeln ein, was freigelegt wurde.

 

Warnung: Waffen und Munition nicht berühren und Polizei rufen

 

Alexander Matera warnt davor, gefundene Munition anzufassen, aufzunehmen oder gar mit nach Hause zu nehmen: „Es geht noch immer eine Gefahr davon aus. Insbesondere Sprengkapseln können schlimme Verletzungen hervorrufen. Bei Auffinden von Waffen und Munition, sehen sie auch noch so verwittert aus, ist die 110 anzurufen!“

 

Der Seesauger Marke Eigenbau – einzigartig in Europa

 

Bei der nun stattfindenden umweltschonenden Säuberung brachte Sasiba-Inhaber Jörg Schoch ein selbst entwickeltes Gerät zum Einsatz: Einem Staubsauger ähnlich wurde damit der Seeboden in 10 bis 15 Zentimeter Tiefe mittels Unterdruck angesaugt und zusammen mit Seewasser durch ein Trommelsieb gepumpt. Schwere Teile – vornehmlich Muscheln – fielen gleich nach unten, feinere verfingen sich im Sieb. In dem europäisch patentierten Gerät ist ein Metalldetektor unter Kunststoff verbaut – Leuchtdioden zeigen dem Bediener Metalle an, die im Seegrund schlummern.

 

Meistens sind das natürlich Kronkorken, aber auch oft Angelhaken und -blei“, erzählte Schoch, der zuletzt die Badestelle des Freibads Itzstedt gereinigt hat und in zahlreichen Orten im Norden wie Ratzeburg regelmäßig zum Einsatz kommt. „Normalerweise geht es nach Himmelfahrt richtig los, wenn an den Badestellen gefeiert worden ist. Dann holen wir vor allem Glas aus den Seen“, sagte Schoch, der auch bekannte, dass die Corona-Pandemie auch ihm wirtschaftlich schade, weil Aufträge ausblieben.

 

Nicht jeder darf mit einem Metalldetektor unterwegs sein

 

Während ein Mitarbeiter Schochs, Alexander Zoll, geduldig Meter für Meter den Seegrund absaugte, war der Chef mit der Siebschaufel und einem weiteren Metalldetektor zur Nachsondierung unterwegs, um etwaige Gegenstände aufzuspüren, die etwas tiefer angezeigt wurden. „Mit dem Sauger bearbeiten wir die nur obere Sandschicht und berühren die darunter liegende Sprungschicht“, erklärte er die Vorgehensweise.

 

Alle an der Aktion beteiligten warnten angesichts des Detektoreinsatzes vor Nachahmung: Nicht jeder ist befugt, einfach mit einem Metalldetektor auf die Suche nach vermeintlichen Schätzen oder Kriegsrelikten auf die Suche zu gehen.

 

In etwa 14 Tagen wird die Firma Sasiba ein weiteres Mal an der Schmalenseer Badestelle erscheinen. „Im Rahmen der Qualitätssicherung wird dann geschaut, ob wir etwas übersehen haben oder ob sich weitere Gegenstände in dem Bereich gesammelt haben“, erklärte Jörg Schoch.

 

Ein Riesenrad für Muscheln

 

In ihrer Ruhe gestört wurden an diesem 5. Mai übrigens unzählige Muscheln, deren Population im Schmalensee recht üppig scheint. Die Tiere wurden in Körben, die hinter dem Trommelsieb am Schwimmponton befestigt sind, mit allen anderen größeren Funden aufgefangen. „Die haben eine Freifahrt im Riesenrad gewonnen“, beschrieb Alexander Matera das Bild mit einem Augenzwinkern. Einen Freiflug gab es dann auch noch, denn nachdem alle Scherben, Nägel und ein paar Asphaltklumpen aussortiert waren, ging es für die Muscheln natürlich zurück ins Gewässer.

 

Drei Schuss und 30 Pfennig

 

Am Ende der Reinigungsaktion war die „Ausbeute“ eigentlich erfreulich gering: Einige Glas- und Keramikscherben, ein Löffel, ein Angelhaken, Nägel, 30 Pfennig (Bundesrepublik) und auch drei Patronen Kaliber 9 Millimeter, laut Kampfmittelbeseitiger Matera englischer Machart und aus dem Herstellungsjahr 1943, sowie der Rest einer ursprünglich genagelten Schuhsohle und ein Fetzen Zinkblech sind die Highlights der Aktion, die sich die Gemeinde rund 2.000 Euro kosten lässt.

 

Zufriedenheit mit dem Ergebnis

 

Gefragt, ob er eher zufrieden oder nicht mit der Zahl der Funde sei, tendierte Jörg Schoch zu ersterem: „Das Ziel des Leistungsangebots ist ja, die Badestelle auf umweltschonende Weise sicherer zu machen. Wir gehen grundsätzlich nicht ins Wasser, um Kriegsreste zu suchen, sondern um Scherben, Angelhaken und andere Gegenstände, an denen sich Badende verletzen können, vor der Badesaison aufzuspüren. Insofern bin ich mit dem Ergebnis des Tages zufrieden.“

 

Auch Bürgermeister Sönke Siebke war unter dem Strich froh, dass mit recht spektakulärem Aufwand ein am Ende wenig spektakuläres Ergebnis zu verzeichnen war. „Angesichts der Probereinigung hatte sich die Gemeindevertretung entschieden, im Bereich der Badestelle einfach mal aufräumen zu lassen mit einer in unseren Augen effektiven und umweltschonenden Maßnahme. Hoffen wir mal, dass die Verhandlungen im Land die nötige Sicherheit bringen, dass wir hier weiter unsere schöne Badestelle betreiben können.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bild zur Meldung: Ein tuckernder Staubsauger kommt im Schmalensee zum Einsatz

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Kontakt
 

Gemeinde Schmalensee

Bürgermeister

Dirk Griese
Dorfstr. 18
24638 Schmalensee

 

Tel.: (04323) 6253
E-Mail:

 

 

 

 

 

 
 
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