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„Alt Schmalensee“ gefunden? Archäologen sondierten im geplanten Baugebiet

Schmalensee, den 10. 07. 2022

Die Gemarkung Schmalensees und deren Umgebung ist für die Archäologie von einem grundsätzlichen Interesse. Neben den erkennbaren vor- und frühzeitlichen Grabstätten – Hügelgräber im Grasweg und gegenüber dem Sportplatz, Grabhügel und Urnengräber auf Mang de Bargen, sowie Grabhügel und Langbetten auf dem Grimmelsberg – zeugen in alten Flurkarten noch weit mehr Einträge von der Anwesenheit des Menschen seit der Steinzeit. Nun hat das Archäologische Landesamt die Ergebnisse seiner Sondierung auf der Fläche für ein geplantes Neubaugebiet im Grasweg, oberhalb der Damsdorfer Straße vorgelegt. Und die beinhalten eine kleine Sensation.

 

Mitten im Baugebiet: ein steinzeitliches Langbett

 

Ein Hauptaugenmerk der Archäologen, die vom 13. bis 16. Juni auf einer etwa 3,6 Hektar großen Fläche aktiv wurden, lag auf dem „Punkt 32“ in einer Karte der Wissenschaftlerin Hildegard Gräfin Schwerin von Krosigk, die 1976 in einer Schrift die bis dato angestellten Funde und Karteneinträge von Siedlungs- und Gräberspuren zusammenfasste. Entweder ein Grabhügel oder ein Langbett sei auf dem Flurstück zu finden, das zum neuen Baugebiet werden soll. Tatsächlich wurde man fündig, wenn auch nicht genau an der Stelle in ihrer Karte: Ein Megalithgrab aus dem Neolithikum – also ein steinzeitliches Langbett.

 

Dem Homepage-Team war es möglich, vor Ort zu fotografieren und Informationen zu erhalten. Demnach ist von dem Langbett nicht mehr viel erhalten, was der Laie erkennen könnte. Die dazugehörigen Findlinge, „Großsteine“, müssen in längst vergangener Zeit vom Feld geholt und vermutlich andernorts verbaut worden sein. Die Fachleute aber konnten sehr gut Lage und Ausdehnung ermitteln und machten die Feststellung, dass dieses Grab mit zwei rechteckigen, nebeneinander liegenden Grabkammern ausgestattet war. Insgesamt konnten allein in der Voruntersuchung im geplanten Neubaugebiet laut Kurzbericht 65 Funde registriert werden, von denen 30 zu dem Megalithgrab gehören, das der mittleren bis jüngeren Steinzeit zuzuordnen ist.

 

Am Rande des Baugebiets: ein Werkplatz oder eine Siedlung

 

Wohl von noch größerem Interesse dürfte sein, was die Sondierung am äußersten Ende der Flur, zum Teil außerhalb der einmal zu bebauenden Fläche ergab. Hier stießen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Archäologischen Landesamtes binnen kurzer Zeit auf eisenzeitliche Spuren menschlicher Anwesenheit: Sie machten nahe der Geländekante oberhalb des Dorfes auf einer Fläche von 80x100 Meter 34 „Befunde“, die auf zwei Öfen und ein mutmaßliches Grubenhaus (etwa 25 Siedlungsgruben) schließen lassen.

 

Laut Kurzbericht handelt es sich um eine bisher unbekannte Siedlung (oder einen Werkplatz) der römischen Kaiserzeit. So wird die Eisenzeit um und nach dem Jahr 0 bezeichnet (mit einer Anwesenheit der Römer im Norden hat dies nichts zu tun). Die Experten verorten die angestellten Beobachtungen ins erste Jahrhundert nach Christi Geburt.

 

Verfärbungen im Erdreich, die der Laie vielleicht noch als solche erkennen mag, gaben den Fachleuten Aufschluss darüber, dass hier, an erhöhter Stelle, unweit eines Gewässers und im Windkanal, Brennöfen betrieben wurden. Entweder zur Verhüttung von Raseneisenerz zur Herstellung von Werkzeugen und Waffen oder von Keramik. Denn unter den Fundstücken konnten trotz der Kürze der Zeit zur Voruntersuchung auch „diverse Keramikscherben von geglätteter Gebrauchsware mit graubrauner oder schwarzgrauer Färbung, darunter Randstücke mit für die römische Kaiserzeit typischer Ausprägung“ aufgespürt werden.

 

Man stelle sich vor...

 

Man stelle sich vor: Am Rande einer Fläche, die, denkt man sich hohen Bewuchs weg, einem Plateau oberhalb des Sees nahe kommt, lebten und arbeiteten im ersten Jahrhundert nach Christus Menschen. Vielleicht trieben sie Handel und profitierten von der Lage an einem Fernweg auf dem Geländerücken, der West und Ost verband. Vielleicht war es ihre „Zivilisation“, die irgendwann die sogenannte „Belau-Burg“ als Fluchtburg für den Fall eines Angriffs anlegte und die erst weit später von slawischen Einwanderern in Besitz genommen wurde.

 

Wie viele Menschen werden dort gelebt haben? Eine Sippe mit ihrem Vieh in einem großen Gebäude, oder mehrere Familien? Welchen Eindruck machte die Anwesenheit alter Grabstätten aus den Epochen zuvor – steinzeitliche Langbetten und bronzezeitliche Grabhügel – auf diese Leute? Oder waren sie die Ersten, die sich an Langbetten zu schaffen machten, Findlinge weg rollten und Grabbeigaben entnahmen?

 

Wie geht es weiter im Planungsgebiet?

 

Das Archäologische Landesamt hat die Gemeinde Schmalensee wissen lassen, das beide Fundstellen von wissenschaftlichem Interesse sind. Das Megalithgrab aufgrund der zwei Grabkammern und die eisenzeitlichen Siedlungsreste, weil sie völlig neu sind und „der wissenschaftliche Wert aufgrund des Erhaltungszustands hoch“ ist. Somit müsste in beiden Bereichen, ehe eine Erschließung als Bauland erfolgen könnte, zunächst eine archäologische Hauptuntersuchung stattfinden.

 

Während das Langbett mitten im Planungsgebiet liegt – man dessen Erforschung auf jeden Fall ermöglichen muss, was auf Kosten zunächst der Gemeinde geschehen würde – befindet sich der eisenzeitliche Fundplatz am Rande, teils außerhalb des Planungsgebiets. Dessen Untersuchung wäre um einiges teurer und muss nur dann erfolgen, wenn auf dem Teilstück tatsächlich gebaut würde. Geschieht das nicht, kann dieser Teil der Fläche weiter als Weideland genutzt werden.

 

Es ist nun an den kommunalpolitischen Gremien, eine Beschlusslage herbeizuführen. Für die Mitglieder der Gemeindevertretung ist klar: Es gibt keine alternativen Flächen für ein Baugebiet, in denen es nicht zu archäologischen Funden kommen dürfte. Der Trend geht wohl dahin, nur eine Untersuchung des Langbetts vornehmen zu lassen. Wann diese stattfindet, ist derzeit offen. Wann mit einer Erschließung der Fläche begonnen werden kann, ebenso.

 

Fotos: Christian Detlof

 

Bild zur Meldung: Archäologische Voruntersuchung im geplanten Baugebiet

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Archaeologie (10. 07. 2022)

Kontakt
 

Gemeinde Schmalensee

Bürgermeister

Dirk Griese
Dorfstr. 18
24638 Schmalensee

 

Tel.: (04323) 6253
E-Mail:

 

 

 

 

 

 
 
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