Teilen auf Facebook   Teilen auf X   Link zur Seite versenden   Druckansicht öffnen
 

Vor 80 Jahren: Warnungen an die Bevölkerung vor dem Feind und harter Bestrafung

Schmalensee, den 12. 04. 2024

Unterdrückungsapparte von Diktaturen bauen auf Angst auf. Sehen sie sich in ihrer Existenz bedroht, setzen sie auf noch mehr Angst – Todesangst. Im April 1944 häufen sich im Segeberger Kreis- und Tageblatt die Warnungen an die Bevölkerung. Gewarnt wird vor dem Feind und vor harter Bestrafung, sollte man die erste Warnung auf die leichte Schulter nehmen. 

 

Mit „Pst, Feind hört mit“ ist ein aus Geschichtsbüchern einschlägig bekanntes Plakatmotiv der Spätzeit des sogenannten „Dritten Reiches“ beschriftet. Es ist eine Aufforderung, mit Äußerungen über die militärische und innere Lage, Produktion, Versorgungssituation und anderes in der Öffentlichkeit sowie am Telefon Stillschweigen zu bewahren, damit die aus mehreren Richtungen gegen das nationalsozialistische Deutschland drängenden Feindmächte möglichst keine Informationen erhalten. 

 

Bei dem einen Plakat bleibt es natürlich nicht. Der Blick in die April-Ausgaben des Segeberger Kreis- und Tageblatts, im Kreis Segeberg mit dem Amt Bornhöved und der Gemeinde Schmalensee amtliches Mitteilungsblatt, gibt Aufschluss darüber, wie die Menschen unserer Region das letzte Kriegsjahr (bis zum April/Mai 1945) „mitgelebt“ haben dürften. 

 

Todesdrohungen an „Verräter“ und Plaudertaschen

 

Eine Anzeige mit abgedrucktem „Schattenmann“ am 1. April 1944 etwa warnt eindringlich: „Um Eures Lebens willen: seht Euch vor!“ Der Tenor des Appells: Verratet niemandem, wie es um die Versorgungslage bestellt ist. 

 

„Sprecht darüber, wie ordentlich wir verpflegt werden! Darüber, dass heute mehr Menschen in Deutschland mit Brot und Butter und Milch versorgt werden als jemals zuvor. Und darüber, dass immer noch jeder täglich sein frisches Weißbrot bekommt und hin und wieder auch ein paar Eier und ein paar schöne Äpfel!“ – In der Rückschau ein durchschaubarer Aufruf, Unwahrheiten auszutauschen, insbesondere in Städten und Ballungsräumen… 

 

Immerhin: Murren scheint erlaubt, aber nicht ohne ein „Aber“: 

 

„Schimpft auch ruhig mal, wenn es nicht so klappt, wie es soll! Schimpfen erleichtert! Aber seht Euch vor und schweigt, wenn von der Arbeit gesprochen wird! Wer arbeitet, steht an der Front. (Stichwort „Kriegswirtschaft“, Anmerkung) Und wer etwas ausplaudert, was geheim bleiben muss, ist ein Verräter! Denn er schadet uns. Und nutzt dem mordgierigen Feind. Der folgt Euch wie ein Schatten. Hört mit und erfährt, aus zweiter oder dritter Hand vielleicht, was Ihr Euch im tiefsten Vertrauen erzählt. Darum schweigt!“

 

Klingt, als sei es der besagte Feind, von dem die Todesdrohung ausgeht. Jedoch steht das Wort „Verräter“ für ein schweres Verbrechen – im NS-Staat durchaus mit dem Tode zu bestrafen. 

 

Mit der Todesstrafe kann zum Beispiel belegt werden, wer Flugblätter, abgeworfen aus alliierten Flugzeugen, aus irgendwelchem Grunde behält (schlechte Zeiten für Dorfarchivare…). So steht – unter Verwendung der SS-Runen, die hier aufgrund der historischen Aufarbeitung nicht abgedeckt wurden – am 12. April 1944 im Segeberger Kreis- und Tageblatt diese amtliche Mitteilung:

 

„Feindflugblätter und Hetzschriften sofort an Polizei abliefern. Der Reichsführer-SS, Reichsminister des Innern hat angeordnet, dass alle Flugblätter und sonstigen staatsfeindlichen Schriften, die zur Verbreitung gelangen, unverzüglich der nächsten Polizeidienststelle abzuliefern sind. Auch das Aufheben von Sammlungsstücken ist verboten. Der Reichsführer-SS, Reichsminister des Innern macht darauf aufmerksam, dass auf Zuwiderhandlungen gegen diese Anordnung Gefängnisstrafe und in schweren Fällen Zuchthaus oder die Todesstrafe steht.“

 

Regeln für den Umgang mit Kriegsgefangenen

 

Der zunehmende Luftkrieg über Deutschland mit schweren Bombenangriffen auf deutsche Städte führt auch zu Abschüssen von Flugzeugen, deren Besatzungsmitglieder zum Teil lebend am Boden ankommen und in Gefangenschaft geraten. Wie man mit ihnen und den Gefangenen, die auf „herkömmliche“ Art in die Gewalt von Wehrmacht und SS geraten sind, zu verfahren hat, sagt diese amtliche Mitteilung im Segeberger Kreis- und Tageblatt vom 11. April 1944 aus: „Eine Mahnung an alle!“

 

„Verhalten gegenüber Kriegsgefangenen. Jeder deutsche Volksgenosse, der ohne Erlaubnis mit Kriegsgefangenen Verbindung aufnimmt, wird nach den Kriegsgesetzen bestraft. Darunter fällt auch der Ankauf von Spielzeug bezw. Eintausch gegen Lebensmittel (Brotmarken usw.) oder die geschenkweise Annahme irgendwelcher Gegenstände aus dem Besitz von Kriegsgefangenen.“ (Anmerkung: „Brotmarken“? Siehe oben…)

 

„Deutscher Würde und deutschem Selbstbewusstsein entspricht daher nur eine Grundbedingung: Schweigende Ruhe und gelassener Stolz. Der Feind ist Feind! Er verdient daher weder Mitleid noch Hass. Anbiederung, Vertrauensseligkeit und verbotene Hilfeleistung ist Volksverrat!“. 

 

Die hier im Wortlaut wiedergegebenen Meldungen dienen der historischen Aufklärung über den (nationalsozialistischen) Geist der Kriegszeit. „Weder Mitleid noch Hass“ gibt zumindest einen Ansatz von Kriegsvölkerrecht wieder, das war es aber auch. Es muss uns in der Rückschau durchaus zu denken geben, dass ein Volk trotz offener Drohung und Lüge in breiter Masse bis zuletzt seinen Verführern erlegen blieb. #niewieder

 

 

 

Bild zur Meldung: Warnung vor dem Feind - SKTB 01.04.1944

Fotoserien


Warnungen (12. 04. 2024)

 
Kontakt
 

Gemeinde Schmalensee

Bürgermeister

Dirk Griese
Dorfstr. 18
24638 Schmalensee

 

Tel.: (04323) 6253
E-Mail: